Nach dem Abi husch-husch an die Uni, dann ruckzuck in den Job? Das Wettrennen in Richtung Arbeitsmarkt muss nicht sein - junge Dänen machen vor, wie man sich klug die ganz große Pause gönnt.
Leitspruch: "Finde raus, worin du gut bist"
Mehrere Monate sind Julie und ihre Mitschüler schon in der "Folkshøjskole" im Örtchen Testrup zwischen den langgezogenen grünen Hügeln Jütlands. Die meisten kommen anders als Julie direkt von der Schule. In Testrup werden die jungen Dänen bis Ende Juni zusammen leben, essen, wohnen - und lernen. Jeder hat eines der fünf Hauptfächer gewählt. Neben Musik sind es Philosophie, Literatur, Theater und Kunst - also ausschließlich Dinge, die als brotlos gelten.
Seit Mitte Januar lebt die Dänin nun schon mit knapp 120 jungen Erwachsenen auf einem ehemaligen Bauernhof nahe der Stadt Århus und probt immer montags, mittwochs und donnerstags mit ihrer Band. An zwei weiteren Vormittagen und drei Nachmittagen hat sie die freie Auswahl zwischen Aikido, Fotografie, Badminton, Theatersport, Malerei und Literatur.
Wenn ihre Zeit hier vorbei ist, kriegt Julie kein Zeugnis. Sie hat für sich gelernt und für niemanden sonst.
Die Højskole von Testrup ist eine von 76 solcher Schulen in dem kleinen skandinavischen Land, die jährlich rund 3500 Jugendliche besuchen. Mit Kost, Logis und Unterricht kostet der Aufenthalt im gemeinnützigen Erwachseneninternat umgerechnet rund 4000 Euro - den gleichen Betrag legt der Staat obendrauf.
Dafür stellt das Bildungsministerium ein paar Bedingungen an die Volkshochschulen, die mit einer deutschen VHS nur den Namen teilen: Sie müssen mindestens 28 Stunden pro Woche unterrichten, und die Inhalte müssen allgemeinbildend sein - ansonsten sind die Schulen unabhängig. Staatlich gefördert sollen sie den Jugendlichen helfen, sich zwischen Schulabschluss und Uni oder Arbeitsleben zu orientieren und dazuzulernen oder einfach im Studium die Chance für eine Pause bieten. "Finde raus, worin du gut bist", das ist ihr Leitspruch. Hier soll Bildung ein Abenteuer sein.
Der Mensch soll doch kein "Produktionstier" sein
Was er (Jørgen Carlsen=Leiter) und seine Kollegen an den Højskolen machten, das sei "prinzipieller Widerstand gegen die Funktionalisierung des Menschen in der modernen Gesellschaft".
Eine großzügige Auszeit ist in Dänemark nichts besonderes. Wer es sich leisten kann, macht nach der Schule eine einjährige Weltreise, absolviert kulturelle oder soziale Hilfsdienste im Ausland oder besucht für ein halbes Jahr eine Volkshochschule. Manche machen auch beides, Ausland plus lehrreiche Auszeit in der Heimat.
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